Das besondere Portrait: Annette Valtl

Geboren und aufgewachsen bin ich mit drei Geschwistern in São Paulo, Brasilien. Mein älterer Bruder war in seiner Schullaufbahn ein „richtiger Junge“, der in seiner Freizeit allerlei mit seiner Intelligenz anzustellen wusste, für jeglichen schulischen Lernstoff aber recht wenig übrig hatte.

In meiner älteren Schwester  sah meine Mutter schon immer eine Begabung für das Praktische und Künstlerische und schickte sie auf die Rudolf Steiner Schule.

Mir blieb dann die Rolle des „Lernkinds“ zu übernehmen. Diese Erwartung erfüllte ich mit Abschluss der Abiturprüfung an der deutschen Schule São Paulo und anschließend bestandener Aufnahmeprüfung an der medizinischen Fakultät für den vierjährigen Studiengang der Logopädie. Die medizinischen Fächer, aber auch pädagogischen Ansätze und die Möglichkeit sowohl mit Kindern, als auch mit Erwachsenen in vielen Bereichen arbeiten zu können, faszinierten mich.

Ich hatte schon immer im Schulchor gesungen und derzeit Gesangsunterricht,  was sich sehr gut mit den Kursen für Stimmtherapie ergänzte.

Für die Bereiche Lese- Rechtschreibschwäche, Kognition und Audition fing ich an Therapiematerial zu entwickeln und auch zu fertigen. Arbeiten mit Holz und Stoff waren bei mir immer schon eine angenehme Freizeitbeschäftigung gewesen.

Diese künstlerisch-handwerkliche Ader der Familie ( mein Großvater war Goldschmied )  setzte sich schließlich in meinem zweiten Berufsleben durch.

Die wirtschaftliche Situation in Brasilien Ende der Achtziger Jahre, mit satten 30% Inflation im Monat,  bewog uns nach der Heirat unsere sieben Sachen zu packen, und die Familie in Deutschland zu gründen.

Im Jahr 2001 folgte dann ein dreijähriger Aufenthalt in USA, Michigan. Dort wurden wir als „aliens“ geführt, das heißt in der Praxis: ich hatte keine Arbeitsgenehmigung. Saginaw war eine „one horse town“, hatte weder Universität noch Fachschulen zur Weiterbildung, aber doch einige Stoffgeschäfte.

Nun blieb mir viel Zeit mich meinem Hobby zu widmen. Das Patchworken und Quilten ist in USA eine Millionenindustrie und so frönte ich dem Zerschneiden und Zusammensetzen der kleinsten Stoffstückchen und stürzte mich auf immer neue Ideen und Techniken, die ich mir überwiegend anhand von Fachliteratur und Kursen aneignete.

Kurz vor dem Umzug zurück nach Deutschland kaufte ich kurzerhand noch eine Longarm Quiltmaschine, die mit in den Container gepackt wurde.

So eine Maschine hat den Wert eines mittleren Kleinwagens, sie nimmt platzmäßig ein großes Zimmer ein. Mit ihr lassen sich große und auch kleine Stofflagen mit Steppmustern zusammenfügen.

Ich war 2004 unter den ersten, die mit so einer Maschine in Deutschland angefangen haben und wir waren auf uns allein gestellt. „Learning by doing“ war wieder angesagt.

Das Longarmquilten steckte in den Kinderschuhen und wir leisteten Pionierarbeit um die Akzeptanz  für das Bearbeiten mit der Maschine salonfähig zu machen.

Bis dato wurden Patchworkarbeiten überwiegend von Hand gesteppt. Heute stelle  ich für Kunden Geschenke für Hochzeiten, Geburtstage oder Quilts für den eigenen Bedarf fertig.

Wenn es etwas Besonderes sein soll oder einfach die Zeit fehlt, helfe ich weiter.

Ich habe mittlerweile zwei Maschinen und leite Interessierte an, die sich ihre Patchworkarbeit selber an der Longarm quilten möchten.

Ich  bin dankbar, in so einem kreativen Bereich tätig sein zu dürfen. Es gibt so viele Inspirationen, Herausforderungen für neue Experimente.

Was bringt die Zukunft? Vielleicht ein Kunststudium? Eine Fortbildung für Trauerbegleitung? Eine Yoga Ausbildung?

Auf jeden Fall aber einen angemessenen Schwerpunkt auf Ausstellungen mit eigenen Werken, um meinen Beitrag zu leisten, Textil-Kunst in der Kunstwelt zu etablieren.

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